Texte

Carsten Becker – Zur Biographie der Dinge

Elisabeth Sonneck, 2023
The pack (das Rudel), 2023, des Berliner Künstlers Carsten Becker wurde erstmals in der Ausstellung Roundtrip – Fluidum #2 in der Fabbrica Del Vapore, Milano/IT gezeigt: eine am Boden stehende, in spitzwinkligem Dreieck ausgerichtete, dichte Ansammlung von Flaschen. Im Fluss der Anordnung wechselt der Flaschentyp und die matte, monochrome Farbigkeit von dunklen Grüntönen über Braun zu goldfarbenem Beige. Beckers Arbeit steht im Kontext der Auseinandersetzung mit nationalsozialistischen Verbrechen. Die Flaschen entstammen seiner Recherche zur Normierung von Alltagsgegenständen, untrennbar mit militärischen Nutzungen verbunden.

Die unheimliche Schönheit der Effizienz Auszug aus: Kunst und Standards. DIN-Normen und RAL-Farben in Carsten Beckers Werkserie DIN

Anika Reineke, 2022
Norm und Kunst scheinen sich auszuschließen, gilt die eine als Inbegriff von Struktur, die andere als regelloses Schaffen. Die Werkserie DIN des Berliner Künstlers Carsten Becker ist Anlass, die Geschichte des Normierten in Technik und Gesellschaft zu betrachten und nach dem Einfluss der Normen für die von ihnen betroffenen Menschen zu fragen. Eine Auswahl von Werken Beckers war im Februar und März 2022 in der Ausstellung Norm in Chemnitz zu sehen. Anika Reineke verortet die Arbeiten in der Geschichte künstlerischer Auseinandersetzungen mit Wiederholung, Muster und Serialität.

Ästhetik und NormCarsten Becker: DIN

Philipp Hindahl, 2020
Carsten Becker verdichtet die Aspekte von Normierung für seine Serie DIN, in der sich funktionale und ästhetische Belange treffen. Vor allem treffen hier zwei Normen aufeinander: Becker lackiert DIN-Objekte in RAL-Farben und fotografiert sie. In den Fotografien stellt sich ein sonderbarer Effekt ein: Die Proportionen scheinen sich zu verändern, das Medium der Darstellung drängt in den Vordergrund und sorgt für eine Verfremdung. Die Objekte und die Farben werden der Sphäre des Gebrauchs enthoben.

Widersprüchliche SchönheitCarsten Beckers Serie "Agfacolor"

Philipp Hindahl, 2019
Carsten Becker zeigt in seiner Reihe "Agfacolor" Momente, in denen Fotografien ihre Stimme nicht verstellen können. Es sind Ausschnitte aus Farbfotos deutscher Propagandasoldaten, die der Künstler in Archiven findet. Er wählt Details, und die Vergrößerung verleiht den Alterungsspuren, Farbstichen und Kratzern des Filmmaterials eine ästhetische Qualität, die sich der Kontrolle des ursprünglichen Fotografen entzieht.

Trauma Through TimeInterview mit Ina Filla

Carsten Becker, Ina Filla, 2019
Das Interview mit der Neurowissenschaftlerin Dr. Ina Filla beleuchtet die Konzepte transgenerationaler Traumata, insbesondere im Kontext des Holocausts. Es wird erläutert, wie traumatische Erfahrungen durch epigenetische Mechanismen, Sozialisation und Bindung über Generationen hinweg weitergegeben werden können. Filla erklärt die biologische Grundlage dieser Übertragungswege anhand aktueller Forschungsergebnisse, unter anderem aus Tierversuchen, und thematisiert die komplexen psychologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen vererbter Traumata.

Messbarkeit in Zeiten der Transparenz

Tamara Branovic, 2017
Becker geht es vor allem um die Messbarkeit menschlicher Aktivitäten, die einen immensen Marktwert besitzen und einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor bilden. Die Evaluation digitaler Datensätze beeinflusst unser Konsumverhalten direkt. Digitaler Exhibitionismus – die Zurschaustellung unseres Lebens – vereinfacht durch Transparenz den Zugang, die Applikation und Steuerung unseres Verhaltens. Wie ein Fingerabdruck offenbart sich ein Muster unseres Arbeitseinsatzes – doch nur der Einzelne hat einen emotionalen Zugang zu diesem Abbild seiner eigenen Arbeitsmoral.